Digitale Endgeräte, Sozialschutzpaket III …

Nachfolgend erhalten Sie aktuelle Informationen für den Beratungsalltag und den Hinweis auf die Jahresfachtagung der BAG-SB.

Anspruch auf digitale Endgeräte für den Schulunterricht
Die Bundesagentur für Arbeit (BA) hat am 01.02.2021 eine Weisung veröffentlicht, nach der die Jobcenter für alle Schüler*innen im SGB II-Leistungsbezug zur Übernahme der Kosten für digitale Endgeräte im Rahmen eines Zuschusses verpflichtet werden, wenn sie nicht anderweitig (z.B. als Leihgeräte) bereitgestellt werden.
Grundsätzlich seien alle Schülerinnen und Schüler bis zur Vollendung des 25. Lebensjahrs, die eine allgemein- oder berufsbildende Schule besuchen, berechtigt, diesen Anspruch geltend zu machen. Berechtigt sind zudem Schülerinnen und Schüler, die eine Ausbildungsvergütung erhalten. Die Leistungsberechtigten müssen beim Jobcenter dazu einen Antrag stellen und nachweisen, dass es anderweitig keine Kostenerstattung bzw. Sicherstellung des Bedarfes gibt.
Die Höhe des Zuschusses ist im Einzelfall (soweit vorhanden) auf der Grundlage der schulischen Vorgaben zu ermitteln und sollte im Regelfall den Gesamtbetrag von 350,00 EUR je Schülerin oder Schüler für alle benötigten Endgeräte (z. B. Tablet/PC jeweils mit Zubehör) nicht übersteigen, so die BA in der Weisung.
Die Regelung greift zum 1. Januar 2021, so dass entsprechende Kosten auch rück-wirkend geltend gemacht werden können. Um den Anspruch zu erhalten, bedarf es eines Antrages und eines Nachweises der Schule über die Notwendigkeit der digitalen Endgeräte.
Auch für den Rechtskreis des SGB XII gibt es seit 09.02.2021 eine entsprechende Weisung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, nach der digitale Endgeräte auf Zuschussbasis zu gewähren sind.
In vielen Schulen hat der Präsenzunterricht wieder begonnen oder wird in Kürze wieder beginnen. Das legt die Vermutung nahe, dass die Sozialleistungsträger mit Hinweis darauf bald wieder den Zugang zu digitalen Geräten ablehnen könnten. Es ist daher zu empfehlen diese Anträge umgehend zu stellen!
Auf der Seite von „Tacheles“ gibt es weitere Informationen und Musteranträge (inkl. Schulbescheinigung) zum Anspruch auf digitale Endgeräte: https://tacheles-sozialhilfe.de/startseite/aktuelles/d/n/2739/

Sozialschutzpaket III
Das von den Koalitionsfraktionen vorgelegte Sozialschutz-Paket III steht heute im Bundestag zur Abstimmung an. Es sieht insbesondere folgende Maßnahmen vor:
– eine Einmalzahlung in Höhe von 150 Euro: Erhalten sollen sie alle erwachsenen Personen, die im Monat Mai 2021 einen Anspruch auf Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) haben, leistungs-berechtigt nach dem Dritten oder Vierten Kapitel des Zwölften Buch des Sozialgesetzbuches (SGB XII) sowie nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) sind oder ergänzende Hilfe zum Lebensunterhalt als fürsorgerische Leistung der Sozialen Entschädigung nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) beziehen. Erwachsene Leistungsberechtigte im SGB II und SGB XII in der Regelbedarfsstufe 3 erhalten die Einmalzahlung, sofern ein etwaig gezahltes Kindergeld und somit auch der Kinderbonus nicht von ihren Eltern an sie weitergeleitet wird.
– Die Verlängerung des vereinfachten Zugangs zu den Grundsicherungssystemen: Sie stellt sicher, dass diejenigen, die weiterhin unter den wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie leiden, auch künftig möglichst einfach und schnell die nötige Unterstützung erhalten. Daher werden die im SGB II, SGB XII, BVG und Bundeskindergeldgesetz (BKGG) getroffenen Sonderregelungen bis zum 31. Dezember 2021 verlängert. Im Einzelnen betrifft das die befristete Aussetzung der Berücksichtigung von Vermögen bis zu 60.000 Euro für das erste, zuzüglich 30.000 Euro für jedes weitere Mitglied der Bedarfsgemeinschaft und eine befristete Anerkennung der tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung als an-gemessen. Das gilt auch für die erleichterte Vermögensprüfung beim Kinderzuschlag.
– Die Schließungen der Schulen und sozialen Einrichtungen führen zum Wegfall der gemeinschaftlichen Mittagsverpflegung, die daher individuell sichergestellt werden muss. Die Regelungen im SGB II, dem SGB XII und dem BVG zur Kostenerstattung für die Mittagsverpflegung inklusive der Lieferkosten werden bis 30. Juni 2021 verlängert.
– Soziale Dienstleister und Einrichtungen der Fürsorge in Deutschland sollen weiterhin finanziell unterstützt werden, damit sie nicht in ihrem Bestand gefährdet sind. Der Sicherstellungsauftrag der öffentlichen Hand für die sozialen Dienstleister und Einrichtungen, die Leistungen nach den Sozialgesetzbüchern und anderen Gesetzen erbringen, wird bis zum 30. Juni 2021 verlängert.
– Für Versicherte nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz wird geregelt, dass ein Unterschreiten des mindestens erforderlichen Jahreseinkommens von 3.900 Euro auch im Jahr 2021 keine negativen Auswirkungen auf den Versicherungsschutz in der Künstlersozialversicherung hat.
(https://www.bmas.de/DE/Service/Presse/Pressemitteilungen/2021/wir-staerken-den-sozialstaat-in-der-pandemie.html, abgerufen am 25.02.2021)

„Persönliche Beratung“ nach § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO
Das LG Oldenburg hat geurteilt, dass die “persönliche Beratung” nach § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO die “gleichzeitige örtliche Anwesenheit von Schuldner und seinem Berater” erfordert. (30.11.2020, 16 T 596/20)
Aus dem Urteil: “Eine umfassende Beratung … kann nur unter gleichzeitiger örtlicher Anwesenheit von Schuldner und seinem Berater erfolgen. Ein Telefongespräch und eine schriftliche Beratung können ein solches persönliches Gespräch nicht ersetzen. Eine rein telefonische durchgeführte Beratung birgt stets die Gefahr, nicht tief genug in die Problematiken einzusteigen und dadurch die Rechts- und Vermögensverhältnisse des Schuldners nicht eingehend genug zu prüfen, was wiederum erhebliche Folgen für das Ziel der Restschuldbefreiung haben könnte, weil es i. R. d. § 290 InsO zu Versagungen kommen könnte. Eine persönliche und tiefgehende Beratung liegt deshalb auch im ureigenen Interesse des Schuldners.” Das LG Oldenburg bejaht auch die gerichtliche Prüfungskompetenz diesbezüglich.
Die Rechtsbeschwerde wurde zugelassen, “da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung … hat.” (vgl.: LAG SB Hamburg e.V. vom 16.02.2021)

Verkürzung des RSB-Verfahrens und die Auswirkungen auf Inkasso
In einem sogenannten „Risikomanagement-Newsletter“ hat Creditreform am 09.02.2021 einen Beitrag zu den Neuregelungen im Insolvenzverfahren veröffentlicht. In dem Artikel heißt es, dass die Novellierung ein weiterer Schritt in eine „Schuldner-Kultur“ sei, die die Rechte der Gläubiger zugunsten der Schuldner verändert.
Nach einem Überblick über die Verfahrensänderungen folgt ein Fazit, das als Handlungsanweisung für ein schärferes Vorgehen bei der Beitreibung von Forderungen interpretiert werden kann: „Wichtig für Gläubiger: Mit der Novellierung und der Verkürzung der Wohlverhaltensperiode müssen sie die finanzielle Situation von Verbrauchern noch schärfer im Blick behalten. Es geht um die Bonität der Schuldner und darum, Forderungen frühzeitig – möglichst noch vor der sogenannten „Bereinigungsphase“ – zumindest teilweise durchzusetzen. Hier unterscheiden sich das unternehmerische und das Verbraucherinsolvenzverfahren nur wenig: Wenn einmal der An-trag beim Gericht gestellt ist, ist die Realisierung einer offenen Rechnung nur noch zu Bruchteilen möglich.“ (https://www.creditreform.de/aktuelles-wissen/pressemeldungen-fachbeitraege/news-details/show/default-d9b1b8aef6, ab-gerufen am 25.02.2021)

Veranstaltungshinweis
Die Jahresfachtagung der Bundesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung e.V. ist das jährliche „Klassentreffen“ der Schuldnerberatungskräfte in Deutschland. Konsequenter Praxisbezug, aktuelle Themen, qualifizierter Fachaustausch, didaktische Vielfalt und zwischenmenschliche Begegnungen kennzeichnen die Veranstaltung. Das diesjährige Programm mit seinem deutlichen Fortbildungsanspruch um-fasst nicht nur die jüngsten Gesetzesänderungen (InsO-Reform, PKoFoG, Inkassoregulierung, GvSchuG, u.m.), sondern auch die Themen Nachhaltigkeit, Methodik, Digitalisierung, Verhandlungsstrategie und vieles mehr. Nachwuchskräfte werden besonders gefördert und erhalten vergünstigte Teilnahmepauschalen. Vertriebs-, Kooperationspartner und Mitglieder stellen ihre Angebote in virtuellen und physischen Infoständen vor. In zahlreichen kleinen Gewinnspielen erwarten die Teilnehmenden tolle Preise: vom InsO-Kommentar über eine 1:1 Softwareschulung bis hin zu Präventions-Brettspielen für den Beratungsalltag.
Die Tagung findet in Kooperation mit dem Fachzentrum Schuldenberatung im Lande Bremen e.V. (FSB) statt und wird – so die Infektionsschutzmaßnahmen dies zulassen – hybrid ausgerichtet, d.h. eine Teilnahme ist persönlich in Bremen oder digital von zuhause möglich.
Auf der Seite der BAG-SB finden Sie das Programm, die Anmeldemöglichkeit und alle weiteren Informationen: Jahresfachtagung 2021 (bag-sb.de).