Jahresfachtagung der Schuldner- und Insolvenzberatung

Am 13. Oktober 2022 fand die Jahresfachtagung der Schuldner- und Verbraucherinsolvenzberatung in Sachsen statt. In Präsenz teilgenommen haben etwa 80 Beraterinnen und Berater und Vertreterinnen und Vertreter von Verbänden und Trägern.

Eröffnet wurde die Veranstaltung durch Frau Staatsministerin Petra Köpping. Spätestens seit der Fragestunde im Sächsischen Landtag am 02.06.2022 und befeuert durch die aktuelle Lage mit steigender Inflation und Energiepreiskrise ist die Schuldner- und Insolvenzberatung gut „auf dem Schirm“ der Landesregierung. Frau Köpping sprach mit hoher Wertschätzung über die Leistungen der Beraterinnen und Berater. Diese tragen nicht unerheblich zum Erhalt des sozialen Friedens in der Gesellschaft bei. Zusätzliche Haushaltsmittel in Höhe von 500.000 € sollen die Verbraucherinsolvenzberatung stärken und sind für den nächsten Doppelhaushalt (2023/2024) angemeldet.

Trotz ihres sehr begrenzten Zeitbudgets stellte sich Frau Köpping den Fragen der Teilnehmenden und sagte sowohl einzelnen Beratungsstellen als auch der Landesfachstelle ihren persönlichen Besuch zu.

Im sich anschließenden Vortrag nahm uns Prof. Andreas Rein (Hochschule für Wirtschaft und Gesellschaft Ludwigshafen) hinein in die Auswertungen seines Forschungsprojektes zum sogenannten „Bayerischen Modell“. In Bayern erfolgte seit 01. Januar 2019 die Delegation der Verbraucherinsolvenzberatung auf die Kommunen. Ob und wie sich dieses Modell bewährt hat, welche Vor- und Nachteile es gebracht hat, waren seine Forschungsgegenstände. Für viele Stellen hat die Zusammenlegung von sozialer Schuldnerberatung und Verbraucherinsolvenzberatung größere Planungssicherheit gebracht und eine bessere inhaltliche Arbeit ermöglicht. Gerade in der Corona-Pandemie hat sich die Pauschalfinanzierung bewährt. Kleinere Stellen, die nicht die geforderten zwei Vollzeitstellen einrichten konnten, sind auf Verbundlösungen angewiesen und können die positive Entwicklung nicht immer bestätigen. Hier wäre eine höhere Flexibilität erforderlich.

Simon Rosenkranz vom Schuldnerfachberatungszentrum der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz referierte zum Thema Digitalisierung und Onlineformate in der Schuldnerberatung. Er hatte dabei trotz aller positiven Effekte der Digitalisierung auch die digitale Ungleichheit, die damit geschaffen werden kann, im Blick. Er ging auf unterschiedliche Zugänge und Fähigkeiten ein, sich neue digitale Möglichkeiten und Nutzungen zu erschließen.

Frau Helga Springeneer, Abteilungsleiterin im Bundesministerium für Umwelt und Verbraucherschutz (BMUV), berichtete von den Aktivitäten „ihres Hauses“, das federführend ist, um soziale Härten, die die Energiepreiskrise mit sich bringt, zu vermeiden oder zumindest abzumildern. Das BMUV erarbeitet Vorschläge mit dem Tenor: Vulnerable Personengruppen dürfen in diesem Winter nicht von Wärme und Energie abgeschnitten werden! Dabei muss alles auf den Prüfstand, wie z.B. die Abschöpfung von Zufallsgewinnen, die Energieunternehmen in der Krise erzielen.
Frau Springeneer betonte die Ernsthaftigkeit der Lage und wies darauf hin, dass 12 ct je Kubikmeter Gas die neuen 6 ct sind, d.h. der Gaspreis wird nie wieder auf das Niveau von vor der Krise absinken.
Wie bereits bei der Jahresfachtagung der Bundesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung im Mai angekündigt, konnte das BMUV speziell für das Referat Private Überschuldung und Schuldenprävention einen eigenen Haushaltstitel erreichen, der in den kommenden drei Jahren Projekte mit einem Volumen von jeweils eine Million Euro ermöglichen soll. Näheres zur Projektförderung, zu den Antragsmodalitäten und Anforderungen lässt Frau Springeneer über das SMS zukommen.

Herr Prof. Roland Happ vom Institut für Wirtschaftspädagogik der Universität Leipzig forscht seit etwa 10 Jahren im Bereich der finanziellen Bildung (Financial Literacy) und war unter anderem zu Forschungsaufenthalten in den USA und Japan. Eine solide finanzielle Grundbildung wirkt sich positiv auf das finanzielle Wohlbefinden aus. Eine Studie bei 17 bis-25jährigen Studienanfängern förderte den hohen Bedarf an finanzieller Bildung zutage. So lauten eine Schlussfolgerung und Forderung, finanzielle Themen in den Curricula von berufsbildenden und allgemeinbildenden Schulen fest zu verankern. Auch der Förderung finanziellen Wissens im Elternhaus – Stichwort: Taschengeld – wird nach wie vor hohe Bedeutung beigemessen.

Frau Pamela Wellmann, Juristin bei der Verbraucherzentrale NRW, war der Fachtagung online zugeschaltet. Sie gab uns – nachdem sie uns ja bereits beim Inkrafttreten des Pfändungsschutzkonto-Fortentwicklungsgesetzes im vergangenen Jahr gut zur Seite gestanden hat – ein Update. Wie zu erwarten, haben sich seitdem einige aktuelle Praxisprobleme ergeben. Immer wieder werden die schlechte Erreichbarkeit und Auslagerung von Pfändungsabteilungen der Banken beklagt oder auch die Erhebung von Pfändungsgebühren. Dem sollte sich niemand hilflos ausgesetzt fühlen. Fälle können an die Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) oder auch an die Market Contact Group der BaFin (für Experten) weitergegeben werden.
Das Skript des Vortrags ist aufgrund der Aktualität und Brisanz – nicht zuletzt wegen der im Rahmen der Entlastungspakete gezahlten (un-)pfändbaren Pauschalen – den Teilnehmenden bereits zugegangen.

Auf der Seite des SMS ist eine Medieninformation zur Fachtagung abrufbar. Des Weiteren wird das SMS einen Tagungsband mit den Präsentationen der Referentinnen und Referenten erstellen.

 

Bildnachweis: Sozialministerium Sachsen