Reicher Mann und armer Mann
standen da und sah’n sich an.
Und der Arme sagte bleich:
„Wär ich nicht arm, wärst du nicht reich.“
Bertolt Brecht
Soziale Ausschließung von überschuldeten Wohnungslosen
Ausschluss Wohnungsloser vom Insolvenzverfahren
Herr M. war arbeitslos und wohnungslos, als er eine Leipziger Schuldnerberatungsstelle aufsuchte. In einem durch das Jobcenter gefördertem Einzelcoaching war das Thema Schulden auf den Tisch gekommen und infolgedessen der Termin in der Schuldnerberatung vereinbart worden. In den Beratungsgesprächen wurde bald klar, dass das Mittel der Wahl in seinem Fall das Verbraucherinsolvenzverfahren war. Alles sprach dafür: die Schuldenhöhe, die Struktur der Gläubiger, das Fehlen von pfändbarem Einkommen und Vermögen. Nach Einschätzung der Schuldnerberatung und eigenem Bekunden war Herr M. dazu in der Lage, ein mehrjähriges Verfahren durchzustehen. Allein die Wohnungslosigkeit könnte ein Problem darstellen, was in der Beratung auch erörtert wurde. Herr M. entschied sich dennoch, mit dem Insolvenzantrag nicht zu warten, bis er eine Wohnung gefunden hat. Der Antrag wurde abgewiesen.
Hier können Sie den folgenden Schriftwechsel zwischen dem Amtsgericht und der Schuldnerberatung lesen:
Nach ca. einem Jahr vereinbarte Herr M. erneut einen Termin in der Schuldnerberatung. Nach langem Suchen und vielen Absagen hatte er eine Wohnung gefunden. Ihm ist es gelungen, den Teufelskreis sozialer Ausgrenzung an zwei Stellen zu durchbrechen. Geblieben war zum Zeitpunkt der Beratung noch die Arbeitslosigkeit. Aber auch dabei war er voller Hoffnung, denn ein Firmenpraktikum, das er gerade absolvierte, ließ sich gut an.
Entwurf des sechsten Armuts- und Reichtumsberichtes
Entwurf des sechsten Armuts- und Reichtumsberichtes
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat den Entwurf des Sechsten Armuts- und Reichtumsberichts der Bundesregierung auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse und in Zusammenarbeit mit den Ressorts erstellt. Am Montag, den 22. März 2021 wurde er dem Beraterkreis sowie dem Wissenschaftlichen Gutachtergremium zur Konsultation und Möglichkeit der Stellungnahme zugeleitet. Die Rückmeldungen der Begleitgremien wurden im April im Rahmen von zwei Onlinekonferenzen mit dem Bundesminister für Arbeit und Soziales, Hubertus Heil, und auf Fachebene diskutiert. Hinweise und Anregungen werden im Ressortkreis geprüft, so dass der abgestimmte Endbericht voraussichtlich im Mai 2021 vom Kabinett verabschiedet und anschließend dem Bundestag übermittelt werden kann.
Den ausführlichen Entwurf des Berichtes können Sie unter dem folgenden Link herunterladen: Langfassung
Zu einer Kurzfassung gelangen Sie hier: Kurzfassung
Verschiedene Verbände und Vereine haben zum Entwurf Stellung genommen:
„Die Arbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung der Verbände (AG SBV) begrüßt es, dass im vorliegenden Entwurf zum sechsten Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung das Thema Verschuldung und Überschuldung wieder in eigenen Abschnitten Berücksichtigung findet. In dem vorliegenden Entwurf wurden neben den Daten der Creditreform auch die in den Schuldnerberatungsstellen erhobenen Daten des Statistischen Bundesamtes berücksichtigt. Eine Vermischung der Daten aus beiden Quellen ist wegen der unterschiedlichen Erhebungsweise aus unserer Sicht jedoch nicht zulässig und findet im Bericht erfreulicher Weise nicht statt. Auch aus Sicht der Schuldnerberatung wird in Folge der COVID-19-Pandemie mit einem Anstieg von überschuldeten Verbraucher*innen zu rechnen sein. Eine tiefergreifende Analyse zur Überschuldungsproblematik fehlt im Bericht jedoch. Sich zu verschulden ist längst ein normaler Vorgang des Wirtschaftslebens geworden und somit stellt das Thema Überschuldung kein Randphänomen dar…“ weiterlesen
Auf der Seite des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) heißt es:
Der Armuts- und Reichtumsbericht zeigt: Es gibt immer mehr Arme und die soziale Ungleichheit verfestigt sich, während gleichzeitig die obere Hälfte der Bevölkerung 99,5 Prozent des Gesamtvermögens besitzt. Arbeit schützt nicht vor Armut. Hinzu kommt: Wer einmal arm ist, bleibt arm. Sozialer Aufstieg durch Beschäftigung, Bildung und Eigentumserwerb bleibt ein leeres Versprechen. Diese Situation wird durch die Pandemie noch einmal erheblich verschärft: Menschen mit geringem Einkommen müssen häufiger Einbrüche im Einkommen hinnehmen und diese fallen bei ihnen stärker ins Gewicht…“ weiterlesen
Auch die Caritas macht deutlich, welche Themen aus ihrer Sicht besondere Aufmerksamkeit verdienen:
• Für dringend erforderlich halten wir es, dass Menschen mit Armutserfahrung bei der Entwicklung von Lösungsansätzen zeitnah einbezogen werden. Dies kann durch ressortübergreifende Dialogformate der Bundesregierung geschehen.
• In der Corona-Krise hat sich Bedeutung der sozialen Infrastruktur für die Bewältigung der Pandemie-Folgen erneut besonders deutlich gezeigt. Wenig Forschung gibt es bezüglich der Wirkung einzelner Hilfsangebote und sozialraumorientierter Ansätze. Dieses Defizit muss im Bericht klar benannt werden und als Auftrag für den 7. Armuts- und Reichtumsbericht gekennzeichnet werden.
• Die Ergebnisse des 6. ARB zeigen hohen Handlungsbedarf bei der Bekämpfung der verfestigten Langzeitarbeitslosigkeit auf. Mit dem 11. Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetz liegen hier zentrale Lösungsansätze auf dem Tisch, die noch in dieser Legislaturperiode umgesetzt werden müssen. Zudem ist die Verstetigung der Instrumente des Teilhabechancengesetztes dringend geboten. (siehe: Stellungnahme Caritas)
Die Diakonie Deutschland legt das Konzept „Gegen Armut in Deutschland hilft nur Existenzsicherung neu denken – Hartz IV überwinden“ vor. Der 6. Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung zeigt: Die Armut in Deutschland hat sich massiv verfestigt. Nach mehr als 15 Jahren „Hartz IV“ ist es dringend Zeit für einen Neuanfang. Die Diakonie Deutschland schlägt in einem heute vorgelegten Konzept vor, die existenzsichernden Hilfen grundlegend neu zu gestalten. Statt auf Sanktionen setzt die Diakonie auf Förderung, Motivation und flächendeckende professionelle Beratung. Das Konzept der finden Sie hier.
Kontakt
Landesfachstelle
Verbraucherinsolvenzberatung
im Freistaat Sachsen
Ritterstraße 5
04109 Leipzig
Tel.: 0341 656 796 50
Fax: 0341 960 2831
E-Mail: lfs-inso@evlks.de
Hinweis
Diese Maßnahme wird mitfinanziert durch Steuermittel auf Grundlage des vom Sächsischen Landtag beschlossenen Haushaltes.
