Das Onlinezugangsgesetz
In aller Munde: Das Onlinezugangsgesetz
Grundsätzliches
Deutschland ist auf dem Weg zu einer digitalen Verwaltung. So ist es bereits 2017 beschlossen wurden: Das Gesetz zur Verbesserung des Onlinezugangs zu Verwaltungsleistungen (Onlinezugangsgesetz, kurz OZG) verpflichtet Bund, Länder und Kommunen, bis Ende 2022 ihre Verwaltungsleistungen über Verwaltungsportale auch digital anzubieten. Für Bürgerinnen und Bürger heißt das, zukünftig alle wesentlichen Behördengänge im Internet abwickeln zu können – im Idealfall: schnell, effizient und nutzerfreundlich mit nur einem Zugangsschlüssel.
Was so einfach klingt, ist nur durch höchst komplexe Prozesse lösbar. Aufgrund der vielfältigen und förderalen Verwaltungsstrukturen in Deutschland gleicht die Umsetzung einer „digitalen Großbaustelle“. Ein strukturiertes und planvolles Vorgehen ist deswegen unerlässlich.
Bisher wurden 575 Verwaltungsleistungen identifiziert, die zu digitalisieren sind. Diese sind im sogenannten OZG-Umsetzungskatalog in 35 Lebens- und 17 Unternehmenslagen gebündelt und 14 übergeordneten Themenfeldern wie „Familie und Kind“ oder „Unternehmensführung und -entwicklung“ zugeordnet. Die Orientierung des OZG-Umsetzungskatalogs erfolgt nicht analog zu behördlichen Zuständigkeiten, sondern aus der Nutzerperspektive von Bürgerinnen und Bürgern und Unternehmen.
Die Themenfelder bilden auch die Grundlage für die arbeitsteilige Umsetzung des OZG. Sie wurden verschiedenen Federführern zugeteilt: Mindestens ein Land und ein zuständiges Bundesressort haben als „Tandem“ die Federführung einzelner Themenfelder inne, an denen auch kommunale Partner und gegebenenfalls weitere Länder beteiligt sind. Im Anschluss werden die Arbeitsergebnisse allen anderen Ländern zur Nachnutzung zur Verfügung gestellt. (vgl. https://www.onlinezugangsgesetz.de)
Das OZG und die Schuldnerberatung
Aufgrund der gesetzlichen Verankerung der Schuldnerberatung in den Sozialgesetzbüchern II und XII gehört auch sie zu den Verwaltungsleistungen, die bis Ende 2022 einen Onlinezugang realisieren sollen. In der BAG-SB Info heißt es dazu: „Das ergänzt die persönliche Beratung vor Ort. Es geht bei der Umsetzung des OZG primär darum, den Bürgerinnen und Bürgern die Leistung online zugänglich zu machen, ihnen also den Weg zur Beratungsstelle zu erleichtern. Somit bietet das OZG zahlreiche Möglichkeiten, die jüngst angestoßenen Digitalisierungsprozesse in der Schuldnerberatung sinnvoll zu ergänzen und auszubauen. Die Schuldnerberatung ist im Themenfeld Arbeit und Ruhestand verortet (wo ich sie nicht vermutet hätte, Anm. K.D.), das auch andere Leistungen, wie das Arbeitslosengeld II, die Suchtberatung oder die Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten (§ 67 SGB XII), umfasst. Das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen hat hier die Federführung und Umsetzungsverantwortung übernommen.“ (Berbig, B. 2021, S. 21)
Zur konkreten Umsetzung der Digitalisierung in der Schuldnerberatung erfolgten bereits mehrere Maßnahmen. Die Leistung „Schuldnerberatung“ wurde durch Befragung von Expert*innen aus dem Arbeitsfeld unter verschiedenen Fragestellungen betrachtet: Wie ist aktuell der Zugang zur Schuldnerberatung, angefangen bei der Suche nach Hilfe bis hin zur professionellen Beratung? Was sind typische Profile der Ratsuchenden?
Mit den Ergebnissen ging es dann ins sogenannte Digitalisierungslabor, wo interdisziplinäre Teams mit allen Informationen zu den notwendigen Prozessen ein Konzeptpaket und einen Umsetzungsplan erarbeiten. Ein Teil des Umsetzungsplanes ist der „Klickprototyp“ als erste Visualisierung der digitalen Leistung. In Workshops erarbeiteten Spezialist*innen gemeinsam mit Wohlfahrtsverbänden, Berater*innen und Nutzer*innen den Klickprototypen für die Schuldnerberatung.
Die Erkenntnis aus dem vorangegangenen Prozess war, „dass der Onlinezugang bei der Schuldnerberatung am besten in Funktionalitäten ausgedrückt werden kann. Bürgerinnen und Bürger sollten ihre Beratungsstellen online finden, einen Termin buchen und mit Beratungskräften in Kontakt treten können. Sie sollten die Möglichkeit haben, sich zu informieren und Beratung per Video oder Chat zu erhalten. Das Teilen von Dokumenten könnte zudem Ratsuchenden und Beratungskräften den Beratungsprozess erleichtern.“ (ebd. S. 22)
Damit die Schuldnerberatung „auf Knopfdruck“ in der Praxis tatsächlich funktioniert, wird sie in einer Pilotphase mit Pilotberatungsstellen an sieben Standorten in Deutschland getestet und optimiert. In Thüringen ist es die Beratungsstelle des THERPA-Landesverbandes in Sömmerda. Frau Anja Wolf, Beraterin in dieser Stelle ist überzeugt davon, dass das Projekt eine große Chance für die Schuldnerberatung ist. Das digitale Angebot ersetzt nicht die persönliche Beratung, ermöglicht aber einen weiteren Zugang zur Schuldnerberatung. Die Beratung könne dadurch noch besser an die Bedürfnisse der Ratsuchenden angepasst werden. Allerdings sollte man auch nicht die ca. 12 Millionen Menschen aus den Augen verlieren, die keinen Zugang zum Internet haben und Gefahr laufen, von digitalen Angeboten ausgeschlossen zu werden – so Fabian Hermes, Schuldnerberater der Pilotberatungsstelle der Caritas im Landkreis Grafschaft Bentheim.
Bis von einer vollständigen Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes in der Schuldnerberatung gesprochen werden kann, müssen noch viele Detailfragen geklärt werden, nicht zuletzt der Datenschutz und die Pflege der neuen IT-Strukturen und Plattformen. Die Schuldnerberatungsstellen vor Ort tuen jedenfalls gut daran, sich technisch gut auszustatten, um für die neuen Anforderungen gewappnet zu sein.
Literatur:
Berbig, B. (2021). Digitalisierung über das Onlinezugangsgesetz. in: BAG-SB Informationen 1-2021. S. 21ff
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